„Wenn Maschinen kreativ werden – wird Echtheit zur Rebellion?“
- Petra van Bellen
- 5. Apr.
- 6 Min. Lesezeit
Ich konnte nicht anders, als mich zu fragen:
Wenn eine Maschine Kunst machen kann – was bleibt dann noch von mir?

Ich bin Künstlerin. Ich male Frauen – mit Widersprüchen, mit Blicken, mit Geschichten. Ich male nicht, um zu gefallen, sondern um zu erzählen.
Aber seit KI auf der Bildfläche erschienen ist – auf Leinwänden und unendlichen Instagram-Feeds - mit zu vielen Filtern und zu wenig Tiefe – spüre ich, wie sich etwas verändert.
Die Künstliche Intelligenz ist schneller als mein Pinsel. Sie mixt Stile wie ein DJ auf Drogen, der alle Jahrhunderte gleichzeitig auflegt - "Sie" schafft Werke, die gefallen - aber können sie auch berühren?
„Wird der Mensch bald durch Algorithmen ersetzt?“
Nein. Aber er wird herausgefordert – kreativer zu sein als je zuvor.
Denn die Frage ist nicht nur, was die KI kann.
Die Frage ist: Was bleibt vom Künstler, wenn die Maschine die Muse wird?
Bin ich bald überflüssig – oder notwendiger denn je?
Ich habe mich entschieden, diesen Text zu schreiben – nicht als Urteil, sondern als
Mit einem System, das scheinbar alles kann – außer fühlen!
Mit einem Markt, der immer schneller etwas will – und damit oft das Wesentliche verliert.
Mit mir selbst – und der Frage, was meine Kunst heute wirklich bedeutet.

Und so saß ich da – mit meinem Skizzenbuch in der einen und meinem Zweifel in der anderen Hand – bereit, einzutauchen in die bittersüße Liaison zwischen Kreativität und Code - zwischen Pixel und Poesie.
Zwischen dem, was technisch möglich ist – und dem, was menschlich notwendig bleibt.
Gefahr oder Gelegenheit? Was KI für malende Künstlerinnen bedeutet
Künstliche Intelligenz ist schnell, effizient – und zunehmend präsent im Atelier der digitalen Welt. Bekannte Plattformen wie Midjourney + DALL·E 3 erzeugen innerhalb von Sekunden Werke, die auf den ersten Blick so richtig beeindrucken.
Der Clou? Viele davon basieren auf realen Stilen, gespeist durch Millionen urheberrechtlich geschützter Werke, ohne Zustimmung der Urheber:innen.
„Ich habe nie meine Erlaubnis gegeben, meine Arbeit als Trainingsmaterial zu verwenden. Und doch sehe ich meinen Stil in den Ergebnissen.“
– Karla Ortiz, US-Künstlerin und Klägerin im KI-Urheberrechtsprozess
(Quelle: The New York Times, 2023)
Diese Realität trifft viele Künstlerinnen hart – nicht nur emotional, sondern auch finanziell. Denn wenn ein Algorithmus das „Look & Feel“ einer Künstlerin kostenfrei reproduzieren kann, wer zahlt dann noch den angemessenen Preis für das Original?
Und doch: KI ist kein kreatives Genie. Sie ist ein hochintelligenter Papagei, der wiedergibt, was andere bereits gesagt haben – einfach nur neu zusammengesetzt.
Der Wissenschaftler und KI-Kritiker Gary Marcus beschreibt es so:
„KI halluziniert überzeugend, aber sie versteht nichts.“
Was bleibt also für uns, wenn die Maschine das Äußere unserer Kunst nachahmen kann – aber nicht das Innere? => Tiefe. Erfahrung. Absicht.
Denn die KI hat keine gelebte Geschichte, keine weibliche Biografie, keinen inneren Monolog über Macht, Scham oder Selbstwert. Sie kennt keine Zweifel, keine Ekstase, keine Ohnmacht. Sie erzeugt Ergebnisse – wir erschaffen Bedeutung!
Vielleicht ist es wie damals, als die Fotografie kam und viele glaubten, die Malerei sei tot.
Stattdessen begann die Moderne.
Der Fotoapparat befreite die Kunst von der bloßen Abbildung – und öffnete ihr die Tür zur Interpretation, zur Abstraktion, zur Emotion.
So betrachtet ist KI nicht das Ende, sondern ein Weckruf. Ein Anlass, klarer zu definieren, was unsere Kunst heute relevant macht: Nicht nur das Bild, sondern die Haltung, aus der es entsteht.
„Technologie kann imitieren. Aber sie kann nicht empfinden.“
– Sofia Crespo, KI-Künstlerin und digitale Ökologin
Wie sehr beeinflusst KI den Kunstmarkt? -Zwischen Hype und Hunger nach Echtem

Der Kunstmarkt war schon immer ein wenig dramatisch – aber selten so atemlos wie jetzt.
Seit 2018, als das KI-generierte Porträt „Edmond de Belamy“ bei Christie’s für über 432.500 Dollar versteigert wurde, ist klar:
Der Algorithmus ist nicht länger nur Assistent – er ist ein nicht unterschätzter Mitspieler.
Was damals als einmaliger Coup galt, ist längst zum Trend geworden: KI-Kunst wird gesammelt, gehandelt und gefeiert. Digitale Biennalen, virtuelle Galerien, NFT-Booms und KI-Kunstwerke, die über Auktionsplattformen gehen wie früher ein Warhol oder Basquiat.
„Die KI hat die Tür aufgestoßen zu einer neuen Ära der Kreativität – aber auch zu einer neuen
Welle der Verunsicherung.“
– Art Basel & UBS Art Market Report, 2023
Und doch: Inmitten all der digitalen Euphorie regt sich etwas anderes. Eine stille, wachsende Gegenbewegung. Sammler:innen, Galerien und Kunstliebhaber:innen suchen nach dem, was sich nicht beliebig duplizieren lässt:
nach Persönlichkeit.
nach Echtheit.
nach einer eigenen Handschrift.
Denn so faszinierend KI-Kunst sein mag – sie bleibt ein Produkt von Daten - ohne Leben - ohne Brüche- ohne Intention.
„Kunst lebt nicht davon, dass sie gut aussieht. Sondern davon, dass sie etwas fühlt.“ - (Agnes Martin)
Ja, der Markt liebt das Neue. Aber das bedeutet nicht, dass wir echten Künstlerinnen darin untergehen. Vielleicht sind wir gerade jetzt gefragter denn je - nicht als Techniklieferantinnen – sondern als Menschen mit Haltung, Geschichte und einem
unverwechselbaren Blick.
Was kann die KI nicht? – Zwischen Pixeln und Persönlichkeit
„Wenn du zu viel retuschierst, löschst du das Leben.“ – (Peter Lindbergh)
Künstliche Intelligenz kann Gesichter erschaffen, die perfekt symmetrisch sind. Sie kann Hauttexturen modellieren, wie aus einem Beautyfilter. Augen in genau dem richtigen Grün und Lippen wie aus einem Werbespot.
Und genau das tut sie auch: Sie erschafft ein makelloses Ideal – so glatt, dass es fast rutschig wird.
Wie dieses Bild hier:
„Chanel mit Boxhandschuh“ – künstlich, makellos, gefühllos.
Jetzt sieh Dir mein Werk daneben an: unendliche Farbspritzer - Schichten - Texturen.
Ein Blick, der dich fragt, "Was hast du zu Verlieren?".
Eine Frau, die kämpft – nicht nur für sich, sondern für etwas Größeres.
„Chanel mit Faust“ – roh, widerspenstig, lebendig.
KI erzeugt Ergebnisse – aber keine Entscheidungen. Sie hat keine Haltung, kein Chaos, keine Geschichte. Ich entscheide, wann ich den Strich ziehe – und wann ich ihn stehen lasse. Und genau da liegt der Unterschied.
In der Unvollkommenheit.
In der Absicht.
In der Seele.
Was macht das mit uns – und mit der Gesellschaft?
Vielleicht erleben wir gerade keine technische, sondern eher eine kulturelle Zeitenwende. Nicht weniger als das größte kollektive Kunstexperiment seit der Renaissance – nur dass wir heute nicht mehr mit Pigmenten auf Leinwand arbeiten, sondern mit Daten auf riesigen Serverfarmen.
Und mittendrin stehen wir. Künstlerinnen, Denker:innen, Konsument:innen.
Und fragen uns: Was bleibt vom Menschlichen, wenn das Schöne plötzlich berechenbar ist?
KI-Kunst zeigt uns unsere Wünsche: Effizienz, Gefälligkeit, Kontrolle.
Aber sie wirft auch ein Schlaglicht auf das, was uns fehlt:
Das Unberechenbare.
Das Unperfekte, das uns bewegt – weil es nicht glatt ist!
Die Gesellschaft sehnt sich nach Echtheit – und gerade die KI macht das sichtbar.
Wenn alles beliebig erzeugbar wird, bekommt das Nicht-Ersetzbare einen neuen Wert:
Erfahrung, Haltung, Identität, Emotion.
„Die größte kulturelle Rolle von Kunst in der KI-Ära ist es, das Menschliche sichtbar zu machen.“ - (Kate Crawford)
In dieser Welt wirst Du als Künstlerin nicht überflüssig – sondern notwendiger denn je.
Nicht trotz, sondern wegen der Technologie.
Denn Deine Kunst ist nicht bloß Ausdruck – sie ist eine Entscheidung und ein Statement - in Form von Widerstand.
Fazit: Wenn die Maschine perfekter wird – wird das Unperfekte dann unser größter Schatz?
Künstliche Intelligenz ist gekommen, um zu bleiben. Sie kann mittlerweile malen, schreiben, komponieren – mit beeindruckender Präzision und noch beeindruckenderem Tempo.
Sie ist nicht Dein Feind - vielleicht nicht einmal Deine Konkurrenz.
Eher ein Spiegel, der Dir zeigt, was an Dir nicht reproduzierbar ist:
Dein Zweifel.
Dein Feuer.
Deine persönliche Geschichte.
Während die KI ihre Algorithmen perfektioniert, perfektionierst Du etwas ganz anderes: Deine Echtheit.
Denn Du fühlst, noch bevor Du formst.
Du scheiterst, noch bevor Du etwas schaffst oder erschaffst. Du fragst Dich nicht nur: Was will ich machen? Sondern: Was will ich sagen?
Vielleicht ist das unsere größte Stärke in dieser Ära der Hochglanz-Maschinen:
Dass wir Mut aus Chaos schöpfen, dass wir manchmal verwundbar sind – aber niemals ersetzbar!
Und so frage ich mich zum Schluss, mit einem Farbklecks auf der Wange und dem Kopf voller Fragen:
Wenn alles, was glatt ist, generiert werden kann –dann ist vielleicht unsere Unvollkommenheit das letzte große Kunstwerk.
Was macht Dich unersetzlich? Schreib mir, teile Deine Gedanken oder erzähl mir von Deiner eigenen künstlerischen Rebellion – ich freu mich, von Dir zu lesen. 💌
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